Weißburgunder
(WIEDER)AUFSTIEG & VERBREITUNG DES PINOT BLANC
Weißburgunder ist ein Klassiker auf dem besten Weg zu einer fabelhaften Renaissance in Deutschland. Während die Sorte in den 50er und 60er Jahren beinahe dem Neuzüchtungswahn zum Opfer gefallen wäre und der Anbau auf 1000 ha zurückgegangen war, hat mit dem Trend zu trockenen Weinen eine Rückbesinnung auf die Tugenden des weißen Burgunder stattgefunden. Zusammen mit der in den 90er Jahren einsetzenden Renaissance der traditionellen Rebsorten und des Booms rund um Pinot grigio hat Pinot bianco - Pinot blanc - Weißburgunder endgültig die Trendwende geschafft.
Die Anbaufläche umfasste in Deutschland 2006 3491 ha und war im Vergleich zum Vorjahr um 5% gewachsen. Heute werden wir hier sicher über 4000 ha Weißburgunder finden. In unserem Weingut ist er mit 20% = 3,3 ha die eindeutige Nr.2 im Rebsortiment und findet nicht nur reinsortig, sondern auch in vielen Cuvées, Verwendung.
Der weiße Burgunder ist eine Mutation aus dem Grauburgunder. Da Grauburgunder sicher aus Spätburgunder mutiert ist, und dieser, wie aktuell über molekularbiologische Untersuchung festgestellt wurde, vom Schwarzriesling abstammt, ist der Familienstammbaum derer von „Pinot" offengelegt.
Erste urkundliche Hinweise auf Weißburgunder finden sich im 16. Jahrhundert, ab dem 17. Jahrhundert wird er in Burgund beschrieben und 1874 wurde der für diese Sorte übliche Name „weißer Klevner" in weißer Burgunder umgeändert. Von Burgund aus erfolgte die Verbreitung in die Champagne, ins Elsass, nach Deutschland, Österreich, Norditalien, Tschechien und in heutiger Zeit bis Chile und Kalifornien.
Durch die leichte Verwechselbarkeit im Habitus mit den Reben Chardonnay und Auxerrois ergaben sich früh Mischsätze, aus denen sich erst langsam reinsortige Anlagen entwickelten. So waren bei einer Besichtigung im Clos de Vougeot vor wenigen Jahren in einem benachbarten Weinberg friedlich nebeneinander stehend Weißburgunder, Auxerrois und Chardonnay zu finden, obwohl die Anbaurichtlinie dort allein Chardonnay zulässt. Auxerrois sah man als kleintraubige Variante, Chardonnay als säurebetonten Klon an, beide Sorten sind mit Weißburgunder aber genetisch nicht verwandt. In der Champagne hat sich heute der Chardonnay durchgesetzt, während im Elsass der Auxerrois dem Pinot blanc weichen musste.
CHARAKTER & ANSPRÜCHE DER REBSORTE
Faszinierend beim Weißburgunder ist seine Eignung für die Erzeugung trockener Weißweine, die das Essen mit überaus dezentem, feinfruchtigen Bukett untermalen und über die zarte, mäßige Säure optimal in allen Geschmacksausprägungen unterstützen. Grundvoraussetzung dazu sind gute Lagen, tiefgründige Böden mit verlässlicher Wasserversorgung, gemäßigte Erträge, die 80 hl nicht überschreiten dürfen, sowie Reifegrade, die 80° Oechsle übersteigen sollten, ja fast schon müssen. In kleinen Lagen bleiben die Weine dünn, ausdruckslos und sauer. Die Ansprüche an den Boden sind hoch. Die zwingend erforderliche gute Wasserführung bedingt tiefgründige Lehm- und Braunerde- oder Lößböden. Spätestens seit dem Trockenjahr 2003 ist klar: Sand- und Gesteinsböden scheiden aus. Die Weine dort bleiben unreif, tendieren zu Bitternis.
In unserem Weingut gab es damit für die typischen Rieslinglagen nie die Alternative weißer Burgunder oder andere Burgundersorten. Allerdings verfügen wir im Traiser Rotenfels über einige qualitativ sehr gute Parzellen mit optimaler Wasserversorgung. Diese haben wir ebenso wie die besten Teile des Traiser Nonnengarten für die Burgunderreben reserviert. So verfügen wir heute in beiden Weinbergslagen über je 1,5 ha Weißburgunder. Dazu kamen die ehemaligen Dornfelderweinberge im Traiser Kickelskopf, wo wir nach dem Aus für die rote Massentraube auf Pinot blanc umgestellt haben und jetzt 2008 den ersten Ertrag einbringen. Somit sind 3,3 ha Weinbergsfläche mit Weißburgunder bepflanzt.
Die Reben sind nicht besonders krankheitsanfällig, allein Botrytis kann größere Schwierigkeiten auslösen. Der Wuchs ist mittelstark, die Holzreife gut, aber nicht auf dem Niveau des Rieslings. Daher ist die Winterfrosthärte etwas schwächer. Ein großer Vorteil der Sorte sind die festen Traubenstiele, die Bodentrauben verhindern. Eindeutige Mehrarbeit bei den Laubarbeiten ergibt sich aber dadurch, dass aus einem Auge (Knospe) oft ein Haupttrieb und ein zweiter, sogenannter Kümmertrieb, wachsen. Letzterer muss per Hand entfernt werden, da die Trauben dieser Triebe nicht vollständig ausreifen. Der Wuchs ist nicht völlig aufrecht, was mehrere Arbeitsgänge zum Einschlaufen der Triebe in den Drahtrahmen (Heftung genannt) erforderlich macht. Wir pflanzen die Reben mit Zeilenabständen von 1,80-2,00 m und Stockabständen von 1,10 m, so dass pro Hektar etwa 5000 Rebstöcke stehen. Als Erziehung hat sich bei uns der Flachbogen bewährt.
WEISSBURGUNDER: VIELSEITIG & SPANNEND
Die mittelgroße Traube besteht aus grüngelben, dünnhäutigen Beeren, deren Geschmack als dezent fruchtig, angenehm saftig, zart in der Säure beschrieben werden kann. Und genau hier beginnt das Faszinierende des Weißburgunders. Sind diese Trauben gut ausgereift und gesund, lassen sich daraus enorm elegante, feinfruchtige, zarte trockene Weine zum Essen erzeugen. Die Feinheit und Delikatesse des Weißburgunders interchargiert sehr angenehm mit den verschiedenen Weinausbauarten, die uns im Weingut zur Verfügung stehen. Ob gezügelte Vergärung im Stahltank, die mehr die frische, geradlinige Richtung forciert, oder Ausbau im großen Holzfaß, hier mehr Mandel, Nuß bis Karamell im Duft, oder Verwendung von neuen kleinen Holzfässern (Viertelstück) mit Vanillearomen und buttrigen Noten, weicher, aromatischer - man kann als Winzer hervorragend spielen und agieren. Die zarten Säuren lassen die Weine zum optimalen Begleiter von Fisch, Meeersfrüchten (besondere Empfehlung: Jakobsmuscheln zu Weißburgunder „EC"), Huhn in allen Varianten, Reis- und Nudelgerichten sowie Dezentem vom Schwein werden. Scharf gebratenes Rindfleisch und Wild dagegen unterdrücken die feinen Aromen des Weißburgunders.
Weißburgunder ist durch seine zarte Säure und feine körperreiche Art die perfekte Alternative für jene Trockentrinker, die Probleme mit der Säure des Rieslings vermeiden möchten. Für den unteren halbtrockenen Bereich ist Pinot blanc ebenfalls hervorragend geeignet, ab 15 g Restzucker unterliegt er aber meist eindeutig den fruchtigeren, kräftigeren Rieslingen, was sich im edelsüßen Bereich zu einem eindeutigen Vorteil des Rieslings gestaltet. Unsere Experimente Anfang der 70er Jahre im süßen Auslesebereich resultierten in zwar angenehmen, auch langlebigen Weinen, die aber nie den Ausdruck, die Frucht und Eleganz des Rieslings erreichen konnten. Weißburgunder im Weingut Dr. Crusius ist trocken, dort liegen eindeutig seine Stärken. Oder im Cuvee. Es ist faszinierend zu beobachten, wie der körperreiche, feine und delikate Weißburgunder durch wohlüberlegte und -dosierte Zugabe anderer Weine an Nuancen gewinnen kann und neue Stile entwickelt. Im HC tendieren wir zu kräftigem, sortenneutralem Aroma, im Weißburgunder & Auxerrois wollen wir die Stärken beider - Eleganz und feine Aromatik - herausarbeiten. Reife, Frucht und Körper charakterisieren das Cuvée Weißburgunder & Riesling und die CONNEXXION vereint die Aromatik der vier Burgundersorten mit dem feinen Vanillearoma des neuen Holzes.
Erstmals 1967 gepflanzt, ursprünglich als Lieferant für Süßreserve vorgesehen, ist Weißburgunder in unserem Weingut seit Anfang der 80er Jahre nicht mehr weg zu denken. Unsere trockenen Weißburgunder sind eine Erfolgsgeschichte geworden. Und für die Zukunft möchten wir mit neuen Cuvées, weiteren Exklusiv-Selektionen und vor allem den ersten Weißburgunder-Sekten zeigen, dass das Potential des Pinot blanc noch lange nicht ausgeschöpft ist.